Bericht über die OFARIN-Projekte

Wenn man in Afghanistan Geld braucht, – und wir brauchen allein für die Pflanzung der Nussbäume in Khost viel Geld – könnte man dieses mit dem altorientalischen Hawala-System dorthin schicken. Das geht so: Ein Afghane, der in Afghanistan lebt, will in Deutschland durch einen Geschäftspartner, der in Deutschland lebt, etwas kaufen, z.B. einen LKW. Wir überweisen diesem Geschäftspartner, einen vereinbarten Betrag. Darauf zahlt der Afghane unseren Kollegen in Kabul den gleichen Betrag aus – vermindert um gewisse Gebühren. Nun könnte der Afghane sein Geld durch den Drogenhandel oder durch Bestechung erworben haben. Dann spricht man von Geldwäsche. Der Afghane erhält für sein „schmutziges Geld“ einen „sauberen“ LKW. Folglich steht der Transfer per Hawala unter dem Generalverdacht der deutschen Behörden. Aber auch das afghanische Wirtschaftsministerium hat allen ausländischen Hilfsorganisationen mitgeteilt, dass sie nur Geld für ihre Arbeit verwenden dürfen, das nicht über Hawala ins Land gekommen ist und auch kein Geld, das Reisende, also z.B. Anne Marie und ich, mitgebracht haben. Wir dürfen also, um die Projekte zu finanzieren, die wir mit dem Wirtschafts- und einem Partnerministerium vereinbart haben, nur Geld über Banken schicken. Das können die afghanischen Behörden kontrollieren. Die wissen, wieviel Geld wir über unsere Bank erhalten. Über mitgebrachtes Geld oder Hawala-Geld könnten wir viel erzählen.

Ein Banktransfer kann so aussehen: Wir hatten im September 50.000 € von unserem Konto in Deutschland auf unser EUR-Konto bei der Azizi-Bank in Kabul abgeschickt. In den Wochen danach wussten wir nicht, wo sich das Geld befand. Weder die Bank in Deutschland noch die in Kabul konnte Auskunft geben. Nach Wochen stellte sich heraus, dass das Geld auf einem SWIFT-Konto in Kabul ist. Eine Intermediate-Bank wollte von uns Genaueres wissen und untersagte die Auszahlung vom SWIFT-Konto an die Azizi-Bank. Eine Intermediate-Bank ist eine Zwischenbank. Das Geld, das unsere Bank in Deutschland abschickt, geht nicht direkt an unsere Bank in Kabul. Es geht über verschiedene Zwischenbanken. Eine der Intermediate-Banken, eine Bank in der italienischen Provinz, fürchtete, dass unser Geld bei Terroristen landet, also bei Personen, die auf einer Sanktionsliste stehen. Den Zwischenbanken drohen Höllenstrafen, wenn Geld, das bei ihnen durchläuft, letztlich bei solchen Personen landet. Wir brauchten mehrere Anläufe, um die Italiener von unserer Harmlosigkeit zu überzeugen. Das gelang Ende November. Dann wollte ich wissen, ob wir auch in Zukunft auf diesem Wege Geld verschicken können, und schickte weitere 50.000 € nach. Es klappte.

Aber als unsere Kabuler Kollegen die 100.000 € anrühren wollten, hatte das afghanische Finanzministerium die Konten aller ausländischen Hilfsorganisationen gesperrt. Kontrollen hatten nämlich gezeigt, dass in vielen Organisationen Geld veruntreut worden oder für Bestechungen ausgegeben worden war. Das wollte man jetzt bei allen überprüfen. Unsere Kollegen mussten dem Ministerium immer weitere Belege und Aufstellungen vorlegen für immer weiter zurückliegende Jahre. Unsere Kollegen jammerten, denn sie brauchten das Geld dringend, um Lehrer zu bezahlen und die Klassen mit Öfen und Feuerholz zu versorgen. Vor allem fanden jetzt die Hauptarbeiten für die Nussbaum-Pflanzungen in Khost statt. Für jeden der 33.500 Bäume war eine Grube angelegt worden. Dafür arbeiteten täglich um die 250 Männer. Dann mussten die Setzlinge gekauft und gepflanzt werden. Die armen Teufel, die diese Knochenarbeiten durchführten, mussten mit Versprechungen hingehalten werden. Schließlich zeigten die Beamten ein Einsehen und gaben unsere Konten für einen Monat frei. Während dieses Monats mussten wir weitere Dokumente vorlegen. Wenn die nicht zufriedenstellend ausfielen, sollte das Konto danach wieder gesperrt werden.

Doch als unsere Kollegen den erfreulichen Brief der Bank vorlegten, mussten ihnen die Banker sagen, dass unsere Konten wieder gesperrt worden seien – jetzt vom Wirtschaftsministerium. Dort wollte man wissen, welche Organisationen noch aktiv seien und ob sie überhaupt Projekte durchführten. Die Beamten erzählten von Organisationen, deren ausländische Mitarbeiter vor den Taliban geflohen seien. Die afghanischen Angestellten hätten dann die Konten der Organisationen geplündert. Unsere Mitarbeiter erschienen jeden Morgen um 6 Uhr im Ministerium. Nach einigen Tagen waren sie dran und konnten zeigen, dass OFARIN Projekte durchführt. Unsere Konten wurden freigegeben. Das geschah am 10. Januar.

Nun ist der Euro in Afghanistan ein recht exotisches Zahlungsmittel, so dass die Banken nur kleine Vorräte vorhalten. Unsere Kollegen bekamen zunächst nur 30.000€ und müssen jetzt jede Woche vorsprechen, um möglichst viel von den 100.000 € zu erhalten.

Unsere Schulen wurden endlich mit Feuerholz versorgt. Die Lehrkräfte erhielten längst fällige Löhne ausgezahlt. Zwei sehr gute Lehrerinnen aus Arsan Qimat werden zu Trainerinnen herangezogen. Vieles normalisiert sich. Allerdings bestehen die Probleme in Paryan in der Pandschir-Provinz, die im DEZ-Rundbrief angesprochen wurden, weiter.

In Afghanistan wird davon gesprochen, dass Verhandlungen in der Taliban-Führung über die Wiederzulassung von Mädchen und Frauen zu Unterricht und Studium stattfinden.

Unsere Hebammen treiben ihr Programm voran. 170 Schwangere werden bereits betreut. Wir hatten das Programm beim Gesundheitsministerium noch nicht angemeldet, weil wir noch nicht sicher waren, ob es alle Bedingungen erfüllt, die das Ministerium an ein Hebammenprogramm stellt. Einige der leitenden Damen haben aber bereits in solchen vom Ministerium gebilligten Programmen gearbeitet. Sie sind sicher, dass unser Programm reif für eine Genehmigung ist. Die lokalen Behörden der innerstädtischen Bergsiedlung Schindowal verlangen bereits, dass weitere Teile von Schindowal einbezogen werden. Wir werden dieses Programm dem Gesundheitsministerium vorstellen.

Besonderes Interesse für das Nussbaumprojekt erforderten die Zwänge der Natur. Über 200.000 Setzlinge waren vor drei Jahren von einer Hilfsorganisation in Khost gesät worden. Die Hilfsorganisation war vor den Taliban geflohen. Setzlinge gab es daher ausreichend, aber nur in diesem Winter. Setzlinge müssen nämlich nach drei Jahren gepflanzt werden. OFARIN hatte 33.500 Setzlinge erworben.

Die waren am 15. Januar alle gepflanzt. Pünktlich setzte danach Schneefall ein, so dass die Bäumchen Flüssigkeit bekommen. Ab März treiben sie Wurzeln und Blätter – hoffentlich.

Man muss die Leistung aller Beteiligten in höchsten Tönen loben. Die Männer aus der Gegend arbeiteten wacker, obwohl wir ihnen ihre Entlohnung nur versprechen konnten. Unsere Mitarbeiter in Khost organisierten die Einsätze in den Bergen reibungslos. OFARINs Direktor Naqib Tanai und der Finanzchef Hewad Khan mussten trotz fast täglichen Verhandelns mit den Ministerien in Kabul und der Bank praktisch wöchentlich nach Khost reisen, um das dortige Geschehen voranzutreiben und die Arbeiter zu vertrösten. Die Fahrt von Kabul nach Khost dauert fünf Stunden und führt über zwei Pässe in fast 3000 m Höhe.

Das bergige Projektgebiet grenzt an Pakistan. Jenseits der Grenze lagert pakistanische Miliz, denn dort gibt es Aufstände gegen die Regierung. Den Milizionären war das eifrige Treiben auf der afghanischen Seite unheimlich. Eines nachts begannen sie in die Luft zu schießen. Die afghanischen Grenzwächter verhandelten mit ihnen. Aber die Pakistaner bestanden darauf, dass hohe Verantwortliche für das Projekt an die Grenze kommen, um zu bezeugen, dass alles harmlos sei. So mussten Naqib und Hewad einmal mehr nach Khost reisen, um die Pakistaner zu beschwichtigen. Ähnliches gilt für alle Kontakte zu afghanischen Behörden und zur Bank. Vieles kann unser Führungspersonal nicht auf andere Mitarbeiter delegieren. Man wünscht die Gesichter der Chefs zu sehen.

Turbanehrung

Dafür wurden diese Chefs, also Naqib und Hewad, auch von den Provinzbehörden geehrt. Ihnen wurde je ein Turban geschenkt. Diese hohe Ehrung zeigt: Das Projekt macht in der Provinz großen Eindruck. Alle sind von der Größe beeindruckt. Andere Organisationen staunen über OFARINs vergleichsweise geringen Personal- und Geldeinsatz. Natürlich bedeutet das auch, dass jetzt ähnliche Wünsche aus Khost und Umgebung an OFARIN herangetragen werden.

Doch bleiben wir nüchtern! Bisher sind nur die Hauptarbeiten planmäßig durchgeführt worden. Erfolgreich ist das Programm erst, wenn viele Setzlinge zu Nussbäumen herangewachsen sind. Das wird sich erst nach Jahren zeigen. OFARIN bleibt für alles noch drei Jahre verantwortlich. In dieser Zeit muss das riesige Gebiet gepflegt werden. Niemand darf dort seine Schafe oder Ziegen weiden lassen.

Die Gruben, die ihren jeweiligen Baum mit Flüssigkeit versorgen, müssen weiterhin funktionstüchtig bleiben. Es müssen Fortbildungsveranstaltungen für die Bevölkerung durchgeführt werden. Diese gut drei Jahre werden OFARIN etwa so viel kosten, wie die intensiven Monate dieses Herbstes und Winters. Nach drei Jahren sind die Nussbäume zwar noch klein aber doch so „erwachsen“, dass sie selbständig weiterleben werden. Wenn nur ein Bruchteil der Setzlinge – sagen wir ein Viertel von ihnen – erwachsen wird, ist das viel wert. Die Beamten der Landwirtschaftsbehörde von Khost sind sicher, dass 95 % der Bäumchen durchkommen. Es sei sehr ordentlich gearbeitet worden.

Noch etwas ganz anderes: Claire Behrendt, die für die Verwaltung von OFARINs Finanzen in Deutschland zuständig ist, produziert fleißig Spendenquittungen. Wenn Ihnen eine Spendenquittung zusteht, Ihnen aber Anfang Februar noch nichts zugeschickt wurde, so schreiben sie uns, bitte! Das Finanzamt erkennt Einzahlungsbelege bis 200 € als Spendenquittungen an. Für solche Spenden stellen wir daher keine Quittungen aus. Wenn aber jemand seinen Einzahlungsbeleg verloren hat, kann er sich gerne an uns wenden.

Herzliche Grüße

Peter Schwittek.


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