
Der 17. Januar war ein Glückstag für OFARIN. Da erfuhren wir, dass 50.000 €, die wir am 25. Oktober (!) von unserem Konto bei der Sparkasse Mainfranken in Richtung auf unser Konto bei der Kabuler Azizi-Bank abgeschickt hatten, freigegeben waren. Das Geld geht nämlich über einige Zwischenbanken. Eine davon, in Italien gelegen, prüft im Auftrag der EU, ob es sich bei diesem Transfer nicht um Geldwäsche handelt oder ob das Geld vielleicht an Terroristen geht. Als Bankkunde stellt man zunächst nur fest, dass das Geld nicht ankommt. Unsere Kollegen in Kabul haben sich schließlich bei der Azizi-Bank erkundigt. Der Azizi-Bank lag eine Anfrage der italienischen Bank vor. Man sollte nachweisen, von wem das Geld sei, an wen es gehe und wofür es verwendet werden solle. Als unsere Mitarbeiter Verträge mit dem Erziehungs- und dem Landwirtschaftsministerien als Belege vorlegten, rieten die Banker davon ab, diese Unterlagen zu benutzen, denn für die Kontrolleure der EU seien die afghanische Regierung und ihre Beamten Taliban – also Terroristen. Die Kollegen reichten stattdessen Lohnlisten unserer Lehrkräfte und Verträge mit Stammesvertretern ein, auf deren Gebiet wir Bäume pflanzen wollten. Die waren in der Landessprache abgefasst. Funkstille folgte. Schließlich wurde die Sparkasse Mainfranken angeschrieben. Binnen zehn Tagen sollten wir die in englischer Sprache Fragen beantworten. Das taten wir. Dann war wieder Funkstille. Schließlich kamen wir in Kontakt mit einem Herrn, der sich für den Sparkassenverband mit Beschwerden über den Geldverkehr mit orientalischen Ländern herumschlägt. Dem gelang es, den Italienern zu erklären, dass Kontrollen berechtigt sind, aber nicht drei Monate dauern dürfen. Das Geld wurde freigegeben und ist in Kabul.
Dort hatten wir keine Löhne mehr gezahlt. Die Räume, in denen wir Unterricht halten, wurden nicht geheizt. In Dzadzi Maidan in der Provinz Khost hatten 570 Männer Gruben ausgehoben, in die wir Bäume setzen wollten. Diese bitterarmen Männer stellen sonst im Winter Körbe, Seile und Besen her. Dieses Jahr hatten sie stattdessen für uns Gruben gegraben, aber dafür nichts bekommen. Unsere Mitarbeiter waren nur noch damit beschäftigt, Menschen, denen wir Geld schuldeten, zu beschwichtigen und zu vertrösten.
Weiteren Verdruss beschert regelmäßig Haibatullah. Er ist der Emir und also auch das Staatsoberhaupt von Afghanistan. Haibatullah hat einen wachen Sinn für die Gefahren, die von Frauen ausgehen. Jetzt dürfen Frauen nicht mehr Büros von Hilfsorganisationen betreten. Wird eine Frau im Büro einer Hilfsorganisation gesehen, wird die Organisation geschlossen. Unsere Mädchenklassen müssen aber von Lehrerinnen unterrichtet werden. Das erfordert die strikte Geschlechtertrennung, auf die der Emir großen Wert legt. Wir haben in den Ministerien gefragt, wie man diese Bestimmungen in Einklang bringen soll. Dort ist man ratlos. Vermutlich wird der Widersinn zur Schließung von einigen Hilfsorganisationen führen. Danach werden sich Lösungen finden, die irgendwie praktikabel sind.
Sie sehen, dass wir immer wieder mit existenzgefährdenden Bedrohungen konfrontiert sind. Eurokraten machen aus dem Allerweltswort „Terrorist“ einen Popanz, und erdrosseln den Zufluss des Elixiers von dem wir leben – des Geldes. Dann kann eine Besprechung mit einer Kollegin unseren Rauswurf aus Afghanistan auslösen. Wir sind aber entschlossen, dort zu bleiben. Gerade jetzt braucht man uns dort. Und wenn sich die Zeiten in Afghanistan ändern, kann OFARIN sehr viel bieten, was Afghanistan hilft. Wenn wir jetzt nach Hause gingen, wäre ein Neuanfang unter besseren Umständen sehr viel mühsamer, als wenn wir zu gegebener Zeit mit erfahrenen Mitarbeitern auf vorhandenem Material und präsenten Erfahrungen Neues aufbauen können.
Die Pflanzungen von Walnussbäumen sind von ihren Ausmaßen und von der Qualität der Durchführung her unerreicht in Afghanistan. Auch der Schulunterricht und die Arbeit der Hebammen suchen in Afghanistan Ihresgleichen. Das ist nur möglich, weil die afghanische Belegschaft von OFARIN in der Lage ist, Programme in eigener Regie zu entwerfen und in hoher Qualität durchzuführen. Das eigene Ansehen und das der eigenen Familie ist nicht, wie bei so vielen Afghanen, der Antrieb für ihr Tun. Ihnen geht es um die Zukunft ihrer Mitbürger und ihres Landes. Dabei bewundere ich den weitsichtigen und verständnisvollen Umgang unserer Leute untereinander und auch mit Partnern. Zu diesen Partner zähle ich auch Behördenvertreter, mit denen die Zusammenarbeit kein Kirschenessen ist. Dieses Team mit seinem fachlichen Können und seiner mitmenschlichen Kompetenz ist ein anregendes Vorbild für seine Landsleute und es hat das Potential noch viel zu schaffen.
Nach diesem Lobgesang auf unsere afghanischen Kollegen noch eine technische Information: Wir haben die Spendenquittungen für das Jahr 2024 verschickt. Wenn jemand von Ihnen darauf wartet und hat noch nichts bekommen, dann kann das daran liegen, dass das Finanzamt von Ihnen für Spenden bis 300 € keine Spendenquittungen verlangt. Für Spenden bis 300 € ist das Finanzamt mit einem einfachen Kontoauszug, einer Buchungsbestätigung der Überweisung oder einem Einzahlungsbeleg einverstanden. Faul, wie wir sind, erhalten Sie in der Regel keine Spendenquittung von uns, wenn Sie 300 € oder weniger gespendet haben. Natürlich machen wir auch mal Fehler und schicken Ihnen keine Quittung, obwohl sie mehr als 300 € überwiesen haben. Auch könnten Sie Ihren Einzahlungsbeleg verloren haben. Dann schreiben Sie bitte an uns! Wir stellen Ihnen dann eine Quittung aus.
Herzliche Grüße,
Peter Schwittek