„Es wird aufwärts gehen.“ – Wenn auch nicht ganz schnell

Liebe Freunde,

die Bemühungen unserer Kollegen in Kabul, bei dem Ministerium für Religiöse Angelegenheiten – das ist unser Partnerministerium – die Wiederaufnahme unseres Unterrichtsbetriebs zu erreichen, stehen auf dem Abstellgleis. Wie berichtet hatten unsere Leute darüber mit dem für die Zusammenarbeit mit uns zuständigen Abteilungsleiter verhandelt. Der Abteilungsleiter war sehr unbedarft. Er erschrak bei der Vorstellung, dass Mädchen in den Moscheen unterrichtet werden. Mädchen könnten nämlich, wenn sie in die Pubertät kommen, die Moscheen verunreinigen. Der Abteilungsleiter musste wegen jeder Frage, die die Gespräche aufwarfen, seinen Minister konsultieren. Dazu fasste er sich aber erst nach einigen Wochen ein Herz. Der Herr Minister entschied: Unterricht für Mädchen in den Moscheen ist untersagt. Er befahl auch, dass wir unsere Lehrkräfte nicht mehr selber entlohnen müssen. Wir müssen nur unser Geld den Taliban geben, und die machen das dann.

Die Entlohnung unserer Lehrkräfte führen wir weiterhin selber durch. Das allein ist kein Problem. Die Taliban haben keine Möglichkeit, unsere Finanzen zu kontrollieren. Aber den Unterricht können wir nicht wieder beginnen. Unsere Kollegen können jetzt sehen, ob sich in den Familien unserer Schüler und Lehrkräfte Notlagen entwickelt haben und dann finanziell etwas helfen. Aber sonst befindet sich unser afghanischer Apparat im Leerlauf.

Schlimmer noch! Auch die Treibstoffversorgung stottert. Bisher konnten wir unser Geld, um es nach Kabul zu schaffen, auf ein Konto von zuverlässigen Partnern in der Türkei schicken. Die Partner kassierten eine Gebühr und zahlten das Geld in Kabul aus. Leider hat der türkische Präsident Erdogan die Währung seines Landes soweit ruiniert, dass die Türkei eingehende Devisen in Türkische Lira umwandelt und nur als solche wieder aus dem Land lässt. Ein neuer Transportweg ist bitter nötig. Wir suchen danach.

Die Lage fördert nicht gerade den Optimismus – aber sie regt die Fantasie und den Kampfeswillen an. In Afghanistan gibt es zu den meisten Zielen verschiedene Wege. Manchmal braucht man Geduld, manchmal einen Umweg, manchmal den richtigen Kontakt. Die Lage jetzt ist ein Tiefpunkt. Es wird aufwärts gehen.

In dieser Jahreszeit produzieren wir Spendenquittungen. Für Spenden bis 200 € erkennen die Finanzämter Einzahlungsbelege an. Es wird also keine Bescheinigung von OFARIN benötigt. Und wir sind so faul, auch keine auszustellen, wenn das nicht ausdrücklich gewünscht wird. Spendenbescheinigungen verschicken können wir nur mit der Briefpost, so dass wir Ihre Postadresse brauchen, um Bescheinigungen zuzustellen.

Diese geschäftliche Mitteilung ist nach den vorangehenden Horrormeldungen mal etwas Neutrales, das einzige Nicht-Negative, das ich Ihnen bieten kann. Daher schließe ich damit, in der Hoffnung, dass ich Ihnen bald – ich fürchte, noch nicht das nächste Mal – wirklich Positives berichten kann.

Herzliche Grüße,

Peter Schwittek.