Im Kabuler Stadtteil Schindowal

Schindowal liegt auf einem steilen Felsen, auf und an den die Häuser gebaut wurden

Auf dem nachfolgenden Bild sehen Sie unsere Kolleginnen Tooba und Nassiba unterwegs zu einer OFARIN-Schulklasse im Kabuler Stadtteil Schindowal.

Kabul liegt in einer Ebene in 1800 m Höhe. Aus dieser Ebene ragen mehrere Berge schroff 400 m hoch hinaus. An den steilen Hängen dieser Berge kleben kleine enge Häuser, teils übereinander gebaut. Die Rückwand manches Häuschens ist einfach der Fels des Gebirges.

Der Aufstieg zu einer OFARIN-Klasse ist eine Abfolge von Treppen mit sehr verschiedenen Stufenhöhe. Wenn man Pech hat, fehlt auch mal die Steintreppe und man muss über matschigen Lehm balancieren. Für mich ist der Aufstieg zu einer Klasse in Schindowal schon seit Jahren eine Quälerei. Immer wieder sind Pausen nötig. Da hat man nicht einmal die Puste, um sich zu schämen, wenn eine Mutter mit einem Kleinkind auf dem Arm an einem vorbeirennt.

Manchmal arbeitet eine Frau auf einem Treppenabsatz vor ihrem Haus. Sie holt aus einer großen Tüte Nüsse oder Mandeln heraus und zerschlägt deren Schale mit einem Stein. Die Kerne kommen in eine weitere Tüte und die Schalen in eine dritte. Ein Ladenbesitzer hat ihr diese Heimarbeit beschert. Er bekommt die Tüte mit den nackten Kernen. Die Schalen darf die Frau behalten. Damit kann sie kochen oder heizen. Glauben Sie nur nicht, dass die Frau naschen kann! Der Händler weiß genau, auf wieviel Gramm Nüsse wieviel Gramm Schalen kommen.

Warum erzähle ich das? In den Familien unserer Schüler und Lehrer in Schindowal gab es schwere Fälle von Covid 19, und gibt es jetzt immer noch. Meist konnte und kann OFARIN eine bescheidene wirtschaftliche Hilfe leisten [einige Beispiele].

Blick von Schindowal auf Kabul. Beachten Sie die Stromversorgung!

Wir hatten über unsere Lehrerin Muzhgan aus Schindowal berichtet, die beide Eltern verlor. Ihre Brüder verkauften das Elternhaus und Muzhgan musste zu einem der Brüder ziehen. Das ging nicht anders. Das ist nicht nur eine Frage der Tradition, sondern vor allem eine der Sicherheit. Eine alleinstehende Frau ist in Afghanistan Freiwild. Im engen Haus des Bruders kann Muzhgan keinen Unterricht halten. Sie ist ganz von den Brüdern abhängig, die selber kaum Einkommen haben. Eine vage Hoffnung war, dass sie verlobt war.

Jetzt hat sie tatsächlich geheiratet und ist zu ihrem Mann nach Reschkhor an den Stadtrand gezogen. Auch dort läuft ein Programm von OFARIN. Und nicht nur das. Unser Programm dort ist weitläufig über ein bergiges Gelände verteilt – allerdings nicht so krass wie in Schindowal. Bisher wurde es von zwei männlichen Trainern und der Trainerin Nilofa betreut. Nilofa hat ein Abendstudium absolviert und eine Berufstätigkeit aufgenommen. Bei uns ist sie ausgeschieden.

Muzhgan hatte in Schindowal mehrere Jahre lang zwei Klassen recht erfolgreich unterrichtet. Wir halten sie für geeignet, nach einer gründlichen Einweisung die Aufgaben von Nilofa zu übernehmen. Die Lehrerinnen in Reschkhor werden gewisse Probleme haben, sich an eine Trainerin zu gewöhnen, die nicht aus ihrer Gegend ist. Wir werden etwas nachhelfen müssen, damit sie damit zurechtkommen.

 

Gerade wurden Anne Marie und ich von einer Fernsehreporterin der Deutschen Welle über unsere Arbeit in Afghanistan interviewt. Wir mussten viele Fragen beantworten. Es wird etwas dauern, bis aus dem reichlichen Material eine Reportage geworden ist. Die Reporterin meint, dass das im Juni der Fall sein wird. Wenn irgend möglich werden wir das in einem Rundbrief mitteilen. Danach kann man die Reportage in unserer Homepage ansehen.

Herzliche Grüße,

Peter Schwittek

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