Berliner Morgenpost: Gut aufräumen reicht nicht!

– Ein Kommentar von Christian Unger zur deutschen Krisenhilfe –

Es ist ein trauriges Video. Ein Mann steht vor einem Trümmerhaufen, das mal ein schönes Wohnhaus war. Noch immer räumt das Ahrtal auf, noch immer konnten die Menschen kein Weihnachten feiern wie früher. Zweieinhalb Jahre ist es her, dass die Flut die Region in Rheinland-Pfalz zerstörte. Noch immer ist der Schaden groß. Nun belastet ein neues Hochwasser das Land. Wir sehen Helfende, Bagger, Sandsäcke. Wir sehen die Not der Menschen und die Schäden an ihren Häusern. Doch ich prophezeie: In ein paar Wochen werden die Bilder in Vergessenheit geraten. Und dieses Vergessen ist typisch für Deutschlands Umgang mit Klimakrisen. Fachleute sprechen von der deutschen Katastrophen-Demenz. Wir hangeln uns von Krise zu Krise. Dank Tausender Freiwilliger sind wir gar nicht schlecht im Aufräumen. Aber wir müssen besser werden bei der Vorsorge.

100 Milliarden Euro gibt es für die Bundeswehr, ein Sondervermögen. Das ist richtig, angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine. Wenigstens ein Zehntel davon braucht es für die Sicherheit hier im Land: ein Sondervermögen für Hilfsorganisationen, für das Ehrenamt, für Fahrzeuge, Pumpensysteme, Löschflugzeuge, Maschinen zum Sandsackfüllen. Ein Sonderpaket für Deutschlands Klimaresilienz.

Aber Geld allein reicht nicht. Noch immer ächzt Deutschlands Katastrophenschutz unter dem Föderalismus. Die Länder wollen keine Kompetenzen an den Bund abgeben – und rufen zugleich nach Finanzhilfe aus Berlin. Der Bund wiederum hat weder seine Rolle noch ein tragfähiges Konzept gefunden, wie er Deutschlands Krisenmanagement steuern will. Die Debatte wird weitergehen – spätestens bei der nächsten Katastrophe.