Allgemeine Zeitung Mainz: Überfordert

– Ein Kommentar von Dennis Rink zur CDU und der Schuldenbremse –

 

Friedrich Merz möchte Bundeskanzler werden. Daran lässt er schon lange keinen Zweifel. Deshalb war es keine Überraschung, dass er Amtsinhaber Olaf Scholz nach dessen, zugegeben inhaltlich sehr dünn ausgefallener Regierungserklärung, zurief, die Schuhe eines Kanzlers seien dem SPD-Mann ein paar Nummern zu groß. Der Kern der Aussage dahinter: Merz selbst ist, seiner eigenen Meinung nach, der bessere Staatsmann. Dabei wird immer wieder deutlich, dass auch der CDU-Vorsitzende nicht die passende Schuhgröße hat.

Warum? Bei aller Sympathie für eine geschliffene und gerne auch hitzige politische Debatte um die Sache, ist der Oppositionsführer erneut über das Ziel hinaus geschossen. Der Vorwurf, Scholz sei „ein Klempner der Macht“ schaffte es zwar bundesweit in die Schlagzeilen, war aber mehr Polemik als sachliche Kritik am Bundeskanzler und der Ampel, die nach dem Haushaltsdesaster natürlich angebracht ist.

Viel gravierender aber: Merz schafft es nicht, seinen eigenen Laden auf seiner Linie zu halten – oder seine Linie entsprechend anzupassen. Während er an der Schuldenbremse festhalten möchte, sprechen sich immer mehr namhafte Ministerpräsidenten wie Hendrik Wüst, Michael Kretschmer, Reiner Haseloff oder Daniel Günther für eine Reform aus. Das ist aus Sicht der Länderchefs auch nachvollziehbar.

Statt die Interessenlagen aber intern zu diskutieren und eine gemeinsame Linie zu finden, topft Merz Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner öffentlich ein. Ähnlich, wie er es mit Wüst nach dessen Äußerungen zu bundespolitischen Ambitionen getan hatte. Das ist nicht nur dünnhäutig und unsouverän, sondern schwächt seine Position innerhalb der CDU – und nährt auch hier den Eindruck, dass auch Merz für führende Ämter nicht die passende Schuhgröße hat.