Im Interview in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT verrät der ehemalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk: „Es ist kein Geheimnis, dass ich Berlin gegen meinen Willen verlassen musste. Ich hätte gerne weitergemacht, weil ich das Gefühl hatte, dass man viel mehr für die Ukraine hätte erreichen können.“ Das sei die einzige Motivation, die ihn angetrieben habe, „trotz des starken Gegenwinds in Deutschland, wo Politiker aus mir ein Schreckgespenst gemacht haben.“ In Kiew sei der Widerstand noch schlimmer gewesen, weil viele nicht verstanden hätten, „wieso ich auf diese unkonventionelle, oft undiplomatische Weise agieren musste, um die Ampel aus der Lethargie zu holen.“
Melnyk kritisiert seinen Nachfolger, den Botschafter Oleksii Makeiev scharf, zu dem er aufgrund „ganz verschiedener Sichtweisen“ kaum Kontakt pflege. Vor einem Jahr hätten die Ukrainer die Debatte um Waffenlieferungen in Berlin „kräftig mitbestimmen und sogar steuern“ können, so Melnyk. „Mein Nachfolger macht das anders. Jetzt schwimmen wir nur noch mit dem Strom, lassen uns treiben. Wir wurden zurückgeworfen, lächeln und winken.“ Die Offensive komme, erklärt der 47-Jährige, und die Deutschen würden denken: „18 Leoparden geliefert, abgehakt, finito. Als ob man mit diesen Panzern schon den Krieg gewonnen hätte. Die Ampel hat PR-mäßig toll die deutsche Öffentlichkeit überzeugt, dass nun bei der Militärhilfe alles in Butter sei.“ Was nicht der Wirklichkeit entspreche. „Und statt weiterzutrommeln, wiederholt mein Nachfolger mantraartig: Danke, Deutschland.“
Er fühle sich in seiner neuen Funktion als Vize-Außenminister der Ukraine manchmal machtlos, sagt Melnyk, weil aus seiner Sicht für die Ukraine manches schieflaufe. Er denke stolz an die vergangenen Jahre in Deutschland zurück: „Lautstark forderten wir Hilfe, und die Ampel konnte sich nicht leisten, unsere unbequeme Stimme zu ignorieren.“ Das sei nämlich vorher immer so gewesen. „Die große Nation Deutschland traf Entscheidungen nicht nur, um eigene Interessen zu verfolgen.“ Seitdem er nicht mehr in Berlin ist, hat die Ukraine „diesen moralischen Trumpf leider wieder freiwillig aufgegeben, indem wir gar keinen Druck mehr ausüben und mit allem zufrieden sind. Deswegen bin ich echt traurig.“ Die Bundesregierung liefere nur so viel, wie sie es für richtig halte.