BERLINER MORGENPOST: Das große Klima-Fiasko – Kommentar von Michael Backfisch

Die Chancen, dass die UN-Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich einen Durchbruch bringt, sind denkbar gering. Das Mammuttreffen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft droht vielmehr zu einem großen Fiasko zu werden. Dabei fehlt es nicht an Appellen. „Unser Planet sendet ein Notsignal“, mahnt UN-Generalsekretär António Guterres. „Die Menschheit steuert auf einen Abgrund zu, auf eine Erwärmung von über 2,5 Grad“, warnt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Die Wirklichkeit ist in der Tat düster. Das in Paris 2015 gesteckte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, wird sich als Illusion erweisen, wenn es so weitergeht. Fast alle Länder haben die Zusagen, ihre Klima-Anstrengungen zu vergrößern, verfehlt. Die Quittung ist die Zunahme von Wetterextremen: Dürren häufen sich in Afrika, Überschwemmungen in Pakistan, Waldbrände in den USA, Portugal oder Spanien. In der Schweiz hat das Volumen der Gletscher in den letzten 20 Jahren um über ein Drittel abgenommen. Die Dringlichkeit einer globalen Allianz gegen den Klimawandel könnte nicht größer sein. Doch die Entwicklung läuft in die andere Richtung. China will bis 2030 seinen CO2-Ausstoß erhöhen und erst 2060 Klimaneutralität erreichen. Zudem hat die Kappung der Gaslieferungen durch Russland zu einer – zumindest zeitweiligen – Renaissance fossiler Energien geführt. Wenn es aber die großen Indus­triestaaten nicht packen, eine Koalition zur Klimarettung zu schmieden: Wie sollen dann die ärmeren Länder ins Boot geholt werden? Bei der UN-Konferenz wird es wieder wortreiche Bekenntnisse geben. Dabei zählen nur Taten.