Kommentar von Christian Matz zum Koalitionskrach ums Impfen

Unabhängig davon, ob man die Kritik am Impfstoffmangel in Deutschland für richtig oder für überzogen hält: Der Fragenkatalog des SPD-Ministers Scholz an seinen CDU-Kollegen Spahn ist ein Hammer. Und er lässt nichts Gutes erwarten für das Superwahljahr 2021, in dem sich viele Ministerpräsidenten und einige Kanzlerkandidaten, ob sie schon gekürt sind oder noch nicht, profilieren müssen. Die Fragen, die Scholz aufwirft, sind zwar völlig berechtigt. Der Stil aber erinnert wahlweise an einen Untersuchungsausschuss oder eine Große Anfrage im Parlament – klassisches Instrument der Opposition. Die SPD ist aber nicht Opposition. Olaf Scholz ist vielmehr Finanzminister und Vizekanzler einer Koalition, in der es genau jetzt auf geschlossenes und entschlossenes Handeln ankäme. Wenn Scholz nach möglichen Versäumnissen fragt, dann muss er auch an seine eigene Partei Briefe schreiben. Die Umsetzung der Impfstrategie obliegt den Ländern; hakt Scholz also auch bei den SPD-Ministerpräsidenten nach, wenn/wo es hakt? Richtet er sich angesichts des Dauerkonfliktherdes Schule demnächst mit einem Fragenkatalog etwa auch an seine Frau Britta Ernst, SPD-Bildungsministerin in Brandenburg und derzeit Vorsitzende der Kultusministerkonferenz? Die Herausforderungen für eine Regierung in der Corona-Pandemie sind gewaltig. In einer Koalition ist Streit grundsätzlich programmiert. Streit kann grundsätzlich Probleme offenlegen und die Dinge voranbringen. Aber ein solch durchsichtiges Manöver und einen solchen Koalitionskrach – das braucht jetzt kein Mensch.

Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz, (ots)