Am vergangenen Wochenende, 18.05. bis 19.05.2024, hat in Hannover eine Vielzahl von versammlungsrechtlichen Aktionen stattgefunden. Darüber hinaus feierten mehrere tausend Menschen unter anderem den diesjährigen Christopher-Street-Day (CSD). Dabei registrierte die Polizei eine Reihe von Straftaten zum Nachteil von Veranstaltungsteilnehmenden. Zudem kam es am Rande der Veranstaltung zur Besetzung eines leerstehenden Hauses in Hannover-Mitte.
Polizeieinsatz am Samstag, 18.05.2024
Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizeiinspektion Besondere Dienste, die die Einsatzleitung am vergangenen Wochenende übernommen hatte, gab es am Samstag, 18.05.2024, mehrere versammlungsrechtliche Aktionen in Hannover. So fand in der Zeit von 12:00 Uhr bis 17:00 Uhr eine sich fortbewegende Versammlung der Organisation „Andersraum e.V.“ mit dem Thema „CSD.Hannover2024“ statt. Nach einer Auftaktkundgebung auf dem Opernplatz bewegte sich ein Aufzug mit circa 12.000 Teilnehmenden durch die Innenstadt Hannovers, größtenteils über den Cityring, zurück zum Opernplatz.
Beim Passieren des Leibnizufers in Höhe der Martin-Neuffer-Brücke kam es gegen 15:25 Uhr zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Fahrzeugführer und einer Gruppe von Versammlungsteilnehmenden. Der Grund: Sie wollten angeblich einen Sticker an seinem Auto anbringen, woraufhin er mit seinem Gehstock in Richtung des Kopfes eines Teilnehmenden schlug, der den Streit schlichten wollte. Die Polizei nahm die Personalien auf und leitete ein Strafverfahren wegen Körperverletzung ein.
Kurz darauf wurde eine Person aus dem Aufzug von zwei 13-jährigen Jungen mit Kieselsteinen beworfen und beleidigt. Die Polizei führte vor Ort eine Identitätsfeststellung durch und erteilte den beiden Störern einen Platzverweis. Anschließend übergaben die Einsatzkräfte die Kinder den Erziehungsberechtigten. Während der Sachverhaltsaufnahme wurde durch die Einsatzkräfte unmittelbarer Zwang in Form von einfacher körperlicher Gewalt angewandt (Handfesseln angelegt).
Im weiteren Verlauf der Versammlung besetzten mehrere Personen ein leerstehendes Gebäude in der Straße „Am Klagesmarkt“. Beim Versuch weiterer Personen, in das Haus einzudringen, kam es zu erheblichem Widerstand der Aktivisten gegen die Polizei und zu tätlichen Angriffen auf die Einsatzkräfte. Die Polizei musste daraufhin Pfefferspray einsetzen.
Gegen 19:00 Uhr unterstützten die Einsatzkräfte den Rettungsdienst einer Hilfsorganisation, indem sie einer renitenten, psychisch auffälligen minderjährigen Person zeitweise Handfesseln anlegten und sie beim Transport zum Rettungswagen begleiteten. Ein ähnlicher Einsatz ereignete sich gegen 20:25 Uhr. Die Polizei unterstützte eine Rettungswagenbesatzung bei einer renitenten Person. Die Person musste geschoben werden.
Gegen 21:40 Uhr wurde den Einsatzkräfte ein Fall von sexueller Belästigung gemeldet. Sie nahmen eine Strafanzeige auf und führten eine Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter im Nahbereich durch, die erfolglos blieb.
Ebenfalls am Samstag fand von 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr auf dem Ernst-August-Platz, Ecke Bahnhofstraße eine stationäre Versammlung zum Thema „Christliches Menschenbild“ statt. 20 Personen nahmen an der Kundgebung teil, die friedlich verlief.
Von 18:00 Uhr bis 19:25 Uhr wurde auf dem Ernst-August-Platz eine nicht angezeigte, sich fortbewegende Versammlung zum Thema „Verurteilung eines pro-kurdischen und kürzlich zu einer Haftstrafe verurteilten türkischen Oppositionellen“ mit über 180 Teilnehmenden festgestellt. Der Aufzug führte über die Bahnhofstraße, den Kröpcke und die Georgstraße zum Steintorplatz, wo eine Abschlusskundgebung stattfand. Die Versammlung verlief ohne besondere Vorkommnisse.
Polizeieinsatz am Sonntag, 19.05.2024
Von 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr fand die Versammlung „Run for their lives – Für die schnelle Befreiung der Geiseln, die von der Hamas entführt worden sind“ statt. Sie verlief ohne besondere Vorkommnisse.
Auch der Sonntag stand ganz im Zeichen des CSD. Im Zeitraum von 13:00 Uhr bis 22:00 Uhr wurde am Opernplatz ein Bühnenprogramm veranstaltet. In der Spitze nahmen rund 1.000 Personen daran teil.
Gegen 13:00 Uhr teilte ein 18 Jahre alter CSD-Teilnehmer der Polizei mit, dass er am Vortag im Bereich der Rolltreppe zur U-Bahn-Station Kröpcke von vier Jugendlichen diskriminierend beleidigt worden sei. Die Polizei leitete ein Strafverfahren ein.
Gegen 17:05 Uhr stellten die Einsatzkräfte auf dem Operplatz eine körperliche Auseinandersetzung zwischen einer Person mit Regenbogenfahne und einer Gruppe Jugendlicher fest, die sich gegenseitig schubsten und traten. Außerdem bedrohten und beleidigten die Jugendlichen die Person mit Regenbogenfahne. Beim Eingreifen der Polizei flüchteten die Jugendlichen, konnte aber wenig später von der Polizei gestellt werden. Die Einsatzkräfte fertigten Strafanzeigen und sprachen Platzverweise gegen die Gruppe aus.
Gegen 18:45 Uhr bedrängte ein 43 Jahre alter Veranstaltungsteilnehmer auf dem Opernplatz eine Gruppe von Veranstaltungsteilnehmerinnen. In der Folge kam es zu einer sexuellen Belästigung einer der Veranstaltungsteilnehmerin. Bei der Kontrolle durch die Einsatzkräfte trat der 43-Jährige einem Polizeibeamten gegen das Bein. Der Mann wurde festgenommen und in den Polizeigewahrsam gebracht. Auf richterliche Anordnung wurde eine Blutentnahme durchgeführt. Das Ergebnis liegt der Polizei noch nicht vor. Anschließend wurde der 43-Jährige aus der polizeilichen Maßnahme entlassen.
Ein unbekannter Täter bedrängte eine 24 Jahre alte Veranstaltungsteilnehmerin gegen 19:45 Uhr am Kröpcke beim Verlassen der Veranstaltung im Bereich der Nikki-de Saint-Promenade körperlich und beleidigte sie diskriminierend. Der Täter flüchtete. Die Polizei hat ein Strafverfahren eingeleitet.
Wenig später mussten die Einsatzkräfte bei einer wechselseitigen Körperverletzung zwischen zwei stark alkoholisierten Versammlungsteilnehmenden auf dem Opernplatz einschreiten. Beim Intervenieren der Polizeikräfte versuchte sich einer der Beteiligten der Kontrolle zu entziehen. Er wurde von der Polizei mit einfacher körperlicher Gewalt zu Boden gebracht und gefesselt. Anschließend sprachen die Einsatzkräfte den beiden 32 Jahre alten Veranstaltungsteilnehmern, bei denen es sich um Geschwister handelte, einen Platzverweis aus. Ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher einfacher Körperverletzung wurde eingeleitet.
Gegen 20:50 Uhr wurden die Einsatzkräfte der Polizei von Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes auf einen mutmaßlich geistig verwirrten und alkoholisierten 30-jährigen Mann aufmerksam gemacht. Dieser soll versucht haben in der U-Bahn-Station auf die Gleise zu springen und Frauen zu belästigen. Der Störer wurde in den Polizeigewahrsam gebracht. Der kassenärztliche Notdienst lehnte eine Einweisung des Mannes in eine psychiatrische Klinik ab. Zur Ausnüchterung musste der 30-Jährige im Gewahrsam bleiben.
Gegen 22:10 Uhr gab es verbale Streitigkeiten zwischen zwei Veranstaltungsteilnehmern und einer fünfköpfigen Personengruppe. Die Polizei kontrollierte diese Personen und erteilte ihnen Platzverweise.
„Trotz der umfangreichen Vorbereitungen und der engen Zusammenarbeit zwischen der Landeshauptstadt Hannover, dem Veranstalter und der Polizei sowie der Ausschöpfung aller rechtlichen und polizeitaktischen Möglichkeiten kam es während des Christopher Street Day 2024 in Hannover bedauerlicherweise zu Störungen und Anfeindungen. Diese Vorfälle sind inakzeptabel und zeigen, dass es noch Herausforderungen bei der Förderung von Akzeptanz und Respekt gibt“, zieht Einsatzleiterin Rebecca Kükelhahn eine erste Zwischenbilanz. „Die Polizei ist konsequent gegen die Störenden vorgegangen und hat den Betroffenen Beistand geleistet. Der Großteil der Menschen konnte erfreulicherweise einen friedlichen Christopher Street Day 2024 genießen. Die Erkenntnisse aus dem heutigen Einsatz werden wir in die zukünftige Einsatzplanung einfließen lassen.“
Die Polizei bittet die Betroffenen darum, Vorfälle auch nach der Veranstaltung der Polizei zu melden. Strafanzeigen können in jeder Polizeidienststelle oder über die Online-Wache unter dem Link https://www.onlinewache.polizei.niedersachsen.de/ erstattet werden. Außerdem steht Leon Dietrich, Landeskoordinator für LSBTIQ-Ansprechpersonen bei der Polizei Niedersachsen, bei Bedarf gerne beratend und begleitend unter der Telefonnummer 0511 109-1076 oder unter der E-Mail-Adresse lsbtiq@pd-h.polizei.niedersachsen.de zur Verfügung. /nash