
In der hiesigen Presse ist Afghanistan nun als das Land präsent, in das Pakistan mit Gewalt Massen von Flüchtlingen abschiebt. Pakistan begründet das damit, dass Afghanen zahlreiche Anschläge verübten. Es gibt Anschläge in Pakistan. Die werden aber eher von pakistanischen Taliban ausgeführt. Die pakistanischen Taliban haben mit den afghanischen Taliban nicht viel zu tun. Der wirtschaftliche Niedergang Pakistans ist offensichtlich. Die Bevölkerung ist unzufrieden. Im Januar wird gewählt. Da müssen die Flüchtlinge als Sündenböcke herhalten. Meine Kollegen vermuten, Pakistan wolle die UNO nötigen, mehr Flüchtlingshilfe an Pakistan zu überweisen. Die betroffenen Flüchtlinge halten sich zum Teil seit Jahrzehnten in Pakistan auf. Bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan stehen die meisten vor dem wirtschaftlichen Nichts. Die afghanische Wirtschaft liegt ja ebenfalls danieder. Mit Repressalien aus politischen Gründen müssen Rückkehrer dagegen kaum rechnen.
Pakistan hatte sich 1994 die Taliban-Bewegung hauptsächlich aus afghanischen Flüchtlingen in Pakistan zusammengestellt und so bewaffnet, dass die Taliban zu einer dominierenden Kraft im damals herrschenden afghanischen Bürgerkrieg wurden. Pakistan wollte Afghanistan mit Hilfe der Taliban beherrschen. Mit einem gefügigen Afghanistan wollte Pakistan Grenzfragen, die schon lange schwelen, in seinem Sinne klären. Pakistans Erbfeind ist in den Köpfen seines Militärs Indien. Ein freies Afghanistan ist eine Bedrohung für Pakistan. Wenn Indien und Afghanistan zusammenhalten, ist Pakistan in der Klemme. Auch erhoffte sich Pakistan wirtschaftliche Beziehungen zu damals frei gewordenen Teilen der ehemaligen Sowjetunion, wie Tadschikistan oder Usbekistan. Um dorthin pakistanische Produkte zu exportieren, musste man sicher durch das dazwischen liegende Afghanistan reisen können. Dafür sollten die Taliban sorgen. Pakistan hatte also teilweise nachvollziehbare Gründe, Afghanistan zu dominieren und sich zu diesem Zweck die Taliban-Bewegung zu schaffen. Auch waren die afghanischen Taliban durchaus gefügig, solange sie gegen die afghanische Regierung und die sie schützenden USA und deren Verbündete kämpften. Schließlich waren die Taliban von pakistanischer Waffenhilfe abhängig und von der Möglichkeit, sich nach Pakistan zurückziehen zu können. Doch war klar, dass die Taliban keine pakistanischen Waffen und Rückzugsmöglichkeiten mehr brauchten, sobald sie die „demokratische“ Regierung und die fremden Truppen besiegt hatten. Danach konnten die Taliban ihre Politik nach afghanischen nationalen Interessen ausrichten und taten das auch. Das pakistanische Militär versteht langsam, dass sein Plan, Afghanistan durch die Taliban zu beherrschen, auf einer Milchmädchenrechnung basierte. Der Katzenjammer ist groß. Die Wut auf das „undankbare“ Nachbarland wird wohl länger vorhalten.
In Afghanistan gab es nur noch sehr wenige Juden. Vor einem Jahr ist die letzte jüdische Familie ausgereist – friedlich verabschiedet von den Taliban. Diese bedauerten den Verlust, mussten aber zugeben, dass sie die Juden nicht auseichend vor Anschlägen der Da’esch – den Anhängern des islamischen Staates – schützen können.
Drei bis vier Wochen lang hielt das Landwirtschaftsministerium OFARIN mit dem Antrag auf das Pflanzen von 20.000 Walnussbäumen in der Provinz Khost hin. Täglich sprachen unsere Leute dort vor. Die Beamten störten Kleinigkeiten im Text der Projektbeschreibung. Die in Afghanistan üblichen Flächenmaße mussten in Quadratmeter umgerechnet werden. Meist waren die zuständigen Beamten abwesend. Schließlich griff der Vizeminister ein. Der stieß sich an den hohen Personalkosten. OFARIN hatte viel für die Aufklärung der Bevölkerung veranschlagt. Die Personalkosten durften aber nur 30 % der Gesamtkosten betragen. Ich bin dem Vizeminister dankbar für diese Korrektur. OFARIN muss jetzt 33.500 Bäume pflanzen. Der Antrag wurde umgearbeitet, genehmigt und sofort nach Khost gebracht, wo ihn die Provinz- und Bezirksbehörden schnell durchwinkten, obwohl einige Beamte bemängelten, dass sie eigentlich gewisse Schmiergelder für solche Genehmigungen erwarteten.

Die Arbeit in Khost begann sofort. Jetzt muss bis Februar eine höhere Anzahl von Bäumen gesetzt sein. Ab März treiben die Setzlinge Blätter und Wurzeln. Für jeden Baum muss eine 60 cm tiefe und 150 cm x 50 cm große Grube angelegt werden. In die wird er Ende Februar gepflanzt. Ein Mann schafft täglich drei solcher Gruben. Unser Vertragspartner, ein Teil des Tani-Stammes, hatte uns 100 Arbeiter am Tag zugesagt. Aber jetzt kommen täglich mehr als 200 Männer. Nach zehn Tagen, sind bereits über 7000 Gruben fertig. Es sollte klappen.
In einer ganz anderen Gegend von Khost hat OFARINs Schulunterricht begonnen. Ein Geschwisterpaar unterrichtet je eine Jungen- und eine Mädchenklasse. In der nächsten Woche werden einige Trainer aus Kabul nach Khost reisen und mit der Lehrerin und dem Lehrer den Unterricht durchsprechen. Die beiden Klassen sind der Anfang. Wir hatten schon darüber berichtet, dass es in Khost möglich sein sollte, auch mit schon bestehenden Schulen zusammen zu arbeiten und so unsere Methoden zu verbreiten. Dazu brauchen wir viele Trainerinnen und Trainer, die in Khost leben und dort in verschiedene Gegenden der Provinz reisen können. Auch scheinen in Khost freiere Möglichkeiten zu bestehen, Schulen aufzubauen als in Kabul unter den Augen des Erziehungsministeriums.
Wir haben im Stadtzentrum von Khost ein Anwesen gemietet, von wo aus OFARINs regionale Aktivitäten gesteuert werden sollen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass OFARIN sich dort weitere landwirtschaftliche Projekte zumutet. Das liegt an der Organisation HTPU, Agriculture Company. Der Name HTPU weist auf die Gründer der Organisation hin, nämlich einen Hasara, eine Tadschikin, einen Paschtunen und eine Usbekin. Diese Menschen saßen vor einem Jahr noch in unserem Kabuler Büro und hatten mit eigenen landwirtschaftlichen Aktivitäten in der Provinz Khost begonnen. Darüber haben wir seit April dieses Jahres immer wieder berichtet. Später gelang es dieser Gruppe, OFARIN für das Nussbaumprojekt zu gewinnen. Es sei zugegeben, dass inzwischen drei der Gründer von HTPU im Ausland leben! Nur der Paschtune, unser Projekt-Manager Naqib, der aus Khost stammt, ist noch in Afghanistan. Doch die drei anderen haben ihre Einlagen und ihre Gewinne weiterhin bei HTPU. Personell sind unser Finanzchef Hewad sowie einige Freunde aus Khost zu HTPU gestoßen und haben sich auch finanziell engagiert. Damit sind in Afghanistan nur noch Paschtunen bei HTPU aktiv. Mit dem Namen wollen sie für das friedliche Zusammenleben aller Afghanen werben. Wir von OFARIN können uns vorstellen, dass es in Zukunft sinnvolle Zusammenarbeit mit HTPU gibt.
Aber auch in Kabul und in Logar läuft das Schulprogramm gut. Das Erziehungsministerium hat In Kabul viele unserer Klassen besuchen lassen und darüber einen sehr positiven Bericht verfasst. Sie erinnern sich, dass uns das Ministerium im Sommer telefonisch aufgefordert hatte, den Unterricht bis auf Weiteres einzustellen. Diese Aufforderung wurde nie widerrufen. Wir ignorierten sie nachdem keine schriftliche Bestätigung folgte. Inzwischen scheint das Ministerium seine telefonische Anordnung vergessen zu haben. Solchem Geschehen entnehmen wir, dass das Erziehungsministerium ein Schlachtfeld im Krieg zwischen den Taliban um das Schulwesens ist. Wir sind also auch in Zukunft nicht vor überraschenden destruktiven Eingriffen der reaktionären Talibanfraktion sicher.
Die Kolleginnen Sarghuna und Ferusan bereiten in Kabul den Beginn des Vorschulunterrichts vor.

Die Damen, die unser Hebammenprogramm vorbereiten, haben im Kabuler Stadtteil Schindowal Räume bezogen, lassen Möbel herstellen, und kaufen Medikamente und Geräte für ihre Arbeit.
Herzliche Grüße
Peter Schwittek.
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