Assistenzhund willkommen – hier und überall!

Ein Assistenzhund als Helfer und Partner. -- Foto: VITA Levin+Ashley, Tatjana Kreidler (Wikipedia, Link am Ende des Textes)

Der prominenteste Vertreter der Assistenzhunde ist sicherlich der Blindenführhund. Doch es gibt darüber hinaus eine große Bandbreite deutlich weniger bekannter tierischer Helfer: So unterstützen Assistenzhunde auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Personen mit Hörbehinderungen oder Menschen mit ganz verschiedenen inneren und neurologischen Erkrankungen (Diabetes Typ I, MS, Epilepsie, bestimmte Herzerkrankungen, FASD, Autismus, Narkolepsie). Im psychiatrischen Bereich ist besonders der PTBS-Assistenzhund bekannt.

Je nach Bedarf ihres Menschen führen die Hunde also ganz unterschiedliche Tätigkeiten im Alltag aus: Sie öffnen Türen, heben Heruntergefallenes auf, räumen Wäsche in die Waschmaschine. Sie führen um Hindernisse herum, suchen Ampeln, Aufzüge oder freie Sitzplätze und zeigen Treppen, Straßen und Abgründe an. Sie warnen rechtzeitig vor Gesundheitskrisen, holen Medikamente und setzen einen Notruf ab oder machen ihrem Menschen akustische Signale (wie das Telefonklingeln oder einen heruntergefallenen Gegenstand) bemerkbar.

Allen Assistenzhundearten gemein ist dabei eines: Sie verhelfen ihren Menschen zu ganz viel Unabhängigkeit im Alltag und damit zu sehr viel mehr Lebensqualität.

Die Zutrittskampagne “Assistenzhund willkommen”

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Assistenzhund stets an der Seite seines Menschen sein kann – eben auch im Theater, im Lebensmittelgeschäft und sogar im Krankenhaus. Faustregel ist hier, dass die Hunde überall dort erlaubt sein sollen, wo Menschen in Straßenkleidung Zugang haben. Dem trägt auch der Gesetzgeber Rechnung, denn seit dem 1.7.2021 ist das Zutrittsrecht von Assistenzhunden in Artikel 9, §12e BGG (Behindertengleichstellungsgesetz) verbrieft.

Allerdings wissen bislang nur wenige Menschen über die verschiedenen tierischen Helfer und ihre Zutrittsrechte Bescheid. Konflikte sind gerade in hygienisch sensibleren Bereichen wie Lebensmittelgeschäften oder Arztpraxen immer noch an der Tagesordnung, vor allem in den Fällen, in denen man dem betroffenen Menschen seine Beeinträchtigung nicht ansieht.

Darum hat der Verein Pfoten Piloten im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) die Zutrittskampagne “Assistenzhund willkommen” ins Leben gerufen, um auf vielfältige Weise Aufklärungsarbeit zu leisten und – mit dem “Assistenzhund willkommen”- Türaufkleber als Kernstück der Kampagne ein sichtbares Zeichen für Zutrittsrechte zu setzen.

Das Konzept “Assistenzhund-freundliche Kommune”

Das tun nun landauf, landab auch ganze Städte und Kommunen, denn im Geiste der Zutrittskampagne ist das Konzept “Assistenzhund-freundliche Kommune” entstanden.

Die Kommunen setzen sich mit ganz einfachen Mitteln für diese Form von Inklusion und Barrierefreiheit ein:

  • Die Kommune veröffentlicht ein Statement von oberster Stelle, aus dem der Wille zur aktiven Umsetzung des Zutrittsrechts klar hervorgeht. Diese Stellungnahme wird in der Karte der Assistenzhund-freundlichen Kommunen hinterlegt.

  • Der “Assistenzhund willkommen”- Türaufkleber weist an den Eingängen aller kommunalen Einrichtungen (vom Bürgeramt bis zum Kindergarten) das Zutrittsrecht der tierischen Hilfsmittel aus. Das schafft Klarheit und Verhaltenssicherheit vor Ort – nicht nur für das Assistenzhund-Team, sondern auch für Personal und Gäste der Einrichtung.

  • Jede mit Aufkleber versehene Einrichtung wird als Assistenzhund-freundlicher Ort in die DogMap eingetragen, eine interaktive Onlinekarte, in der der Zutrittsstatus von Orten weltweit markiert und abgelesen werden kann. Die DogMap ist unter dogmap.info zu finden und auch als App erhältlich. Da sie auch Informationen über den Zutritt mit Familienhunden enthält, ist sie für alle Hundebesitzer nützlich.

  • Hundeverbote in Hausordnungen werden um den Zusatz “außer Assistenzhunde” ergänzt.

  • Das Personal aller kommunalen Einrichtungen wird umfassend für das Thema sensibilisiert.

Natürlich kann eine Assistenzhund-freundliche Stadtverwaltung nur der Anfang sein, zum Assistenzhund-freundlichen Ort kann sich natürlich auch jedes Geschäft, jeder Kulturbetrieb und jede medizinische Einrichtung erklären.

Aufkleber und Infomaterialien sind per Mail an aktion@pfotenpiloten.org kostenfrei erhältlich!

Wesensfestigkeit und gutes Benehmen als Zutrittsvoraussetzungen

Auch wenn der Gesetzgeber nun eine klare Regelung getroffen hat, bleiben bei vielen Menschen Zweifel bestehen: Bleibt ein Hund nicht Hund – der bellt und knurrt und in Stresssituationen aggressiv reagiert? Wird er sich vielleicht an der Auslage bedienen? Diese Fragen sind klar zu verneinen, denn Assistenzhunde werden schon als Welpen sorgfältig ausgewählt und danach intensiv auf ihre spätere Aufgabe vorbereitet. Nach circa anderthalb Jahren, in denen sie die Umwelt und Menschen als zutiefst vertrauenswürdige Wesen kennengelernt haben, werden sie nicht nur gesundheitlich überprüft, sondern auch einem umfangreichen Wesenstest unterzogen. Sie müssen also nicht nur körperlich topfit, lernbegierig und arbeitsfreudig sein, sondern auch unerschütterlich gelassen, friedlich und freundlich.

Danach erst beginnt die eigentliche Ausbildung, in der der Hund die spezifischen Hilfeleistungen erlernt, mit denen er die jeweilige Behinderung seines Menschen ausgleichen kann.

Ein geprüfter Assistenzhund zeigt dementsprechend weder aggressives noch ungehöriges Verhalten in der Öffentlichkeit. Er benimmt sich in der Regel so unauffällig, dass seine Anwesenheit oft gar nicht bemerkt oder vergessen wird. Sollte es wider Erwarten vor Ort zu Auffälligkeiten im Verhalten kommen, können Geschäftsinhaber natürlich jederzeit von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und das Team der Einrichtung verweisen.

Woran erkennt man einen Assistenzhund?

Natürlich wird das Security-Personal an der Eingangstür des Geschäfts oder Bürgeramt dem Hund die gute Ausbildung und Wesensfestigkeit nicht an der Nasenspitze ansehen. Daher stellt sich zu Recht die Frage, woran ein Assistenzhund eigentlich zu erkennen ist.

Eine einheitliche Kennzeichnung von Assistenzhunden gibt es in Deutschland zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht. Das neue Assistenzhund-Gesetz, in dem auch das Zutrittsrecht erstmalig klar ausgewiesen ist, muss noch um konkrete Regelungen zur Kennzeichnung und Prüfungsmodalitäten für Assistenzhunde ergänzt werden. Das wird in naher Zukunft per Rechtsverordnung geschehen.

Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch zum jetzigen Zeitpunkt bereits Assistenzhund-Teams, die Zutritt erhalten müssen. Daher gilt bis zur endgültigen gesetzlichen Regelung:

Der Assistenzhund ist im Dienst immer gekennzeichnet. Er trägt entweder eine Kenndecke und/oder ein Halstuch mit der Aufschrift “Assistenzhund” (und womöglich einer näheren Bezeichnung der Assistenzhundeart) oder im Falle von Blindenführhunden ein weißes Führgeschirr.

Solange es noch keine einheitliche Regelung gibt, führen Assistenzhund-Halter/innen außerdem verschiedene Nachweisdokumente mit sich: ein Prüfungsdokument (von der Stiftung Assistenzhund, dem DBSV, BHV o.ä.), ein Ausbildungszertifikat von der jeweiligen Ausbildungsstätte oder eine schriftliche Bestätigung des Bedarfs für den Assistenzhund bzw. über die Schwerbehinderung des Menschen.

Wie verhält man sich gegenüber einem Assistenzhund-Team?

Ist der Zutritt gewährt, schließt sich eine weitere Frage an: Wie verhält man sich eigentlich gegenüber einem Assistenzhund-Team?

Auch wenn Assistenzhunde äußerst freundliche, offene Hunde sind, die es zu streicheln lohnen würde, sollten sie bei der Arbeit niemals angesprochen, angefasst oder gar gefüttert werden. Den hoch konzentrierten Hund von seiner Aufgabe abzulenken kann für seinen Menschen reelle Gefahr bergen – etwa wenn der kontaktfreudige Blindenführhund auf Ansprache von außen nicht mehr auf das Hindernis vor sich achtet oder der medizinische WarnHhund eine drohende Krise übersieht. Daher geht ein klarer Appell auch oder gerade an begeisterte Hundefans: Die Devise lautet Abstand halten und den Hund einfach seinen Job machen lassen. Er ist schließlich als medizinisches Hilfsmittel unterwegs!

Hundehalter sollten auch darauf achten, ihren eigenen Hund vom arbeitenden Assistenzhund fernzuhalten. Der Assistenzhund möchte im Dienst nicht “Hallo” sagen, er möchte in Ruhe arbeiten. Viele Assistenzhunde entwickeln sogar Verhaltensprobleme, nachdem sie im Dienst von anderen Hunden angegangen wurden. In ihrer Freizeit toben sie natürlich gern mit Hundefreunden über die Wiese!

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter www.pfotenpiloten.org/aw .

Bildquelle/Artikel Wikipedia