Energetische Sanierung von Wohnungseigentumsanlagen auch künftig kein „Selbstläufer“

Beschlusshürden für die klimapolitisch wichtige energetische Sanierung älterer Wohnungseigentums-Anlagen wurden mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes gesenkt. Das gilt insbesondere, wenn genau vorgerechnet werden kann, dass die Kosten einer Maßnahme durch die Energieeinsparung aufgewogen werden, sich also amortisieren. Solche Kalkulationen sind aber oft angreifbar. Sie bilden auch nicht die weiteren Vorteile wie Schimmelvorbeugung, Wärmeschutz und Verbesserungen des Raumklimas ab. Zudem lassen das neue Wohnungseigentums-Gesetz und auch die Begründung dazu offen, ob Fördermittel in die Kalkulation einbezogen werden können. Deren Erhalt steht bei Beschlussfassung ja noch nicht sicher fest. Wichtig wird daher weiterhin ein auf die WEG zugeschnittener Sanierungsfahrplan bleiben, den möglichst viele Eigentümer unterstützen, sagt der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum.

Rund ein Viertel aller Wohnungen in Mehrfamilienhäusern deutschlandweit sind Eigentumswohnungen, von denen etwa die Hälfte vor 1990 erbaut wurde. Viele dieser Anlagen sind ohne größere Sanierung in die Jahre gekommen, genügen den heutigen energetischen Standards nicht mehr. Weil Energiesparen aber wesentlich für den Klimaschutz ist, hat die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEGesetz) im vergangenen Jahr auch das Ziel verfolgt, energetische Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) zu erleichtern.

„Beschlüsse zu Heizungserneuerung, Fassadendämmung und Fensteraustausch etc. kann die Eigentümerversammlung zwar jetzt mit einfacher Mehrheit treffen – ganz gleich, wie viele Eigentümer zur Versammlung gekommen sind und abstimmen“, erläutert Sabine Feuersänger, Referentin bei Wohnen im Eigentum. Die neue Erleichterung birgt jedoch ein großes „Aber“: Beschließt eine einfache Mehrheit bauliche Veränderungen, werden nach der neuen Grundregel die Kosten der Maßnahmen nur auf die Ja-Sager verteilt, sozusagen auf die „Koalition der Willigen“! Eine Kostenverteilung auf alle Miteigentümer ist nur möglich, wenn entweder doch eine größere „qualifizierte“ Mehrheit zustimmt oder wenn sich die baulichen Maßnahmen amortisieren (§ 21 Abs. 2 WEGesetz). Feuersänger: „Energetische Sanierungen in den WEGs stehen und fallen also heute damit, dass einer dieser beiden Fälle greift. Denn wenn andere Eigentümer davon profitieren würden, aber nicht zahlen müssen, wird wohl niemand mehr dafür stimmen.“

Lässt sich im Zeitpunkt der Beschlussfassung also rechnerisch darstellen, dass die Investitionskosten durch Energieeinsparungen aufgewogen werden? Dann reicht bereits eine einfache Mehrheit in der Eigentümerversammlung, egal wie viele teilnehmen, zur Verteilung der Kosten der Sanierung auf alle. Unerheblich ist, ob der Spareffekt später tatsächlich eintritt. Ein konkreter Zeitraum, innerhalb dessen sich die Sanierung rechnen muss, steht nicht im Gesetz; nach der Begründung sollen 10 Jahre meist angemessen sein. Zu amortisieren braucht sich nur der Kostenanteil, der nicht ohnehin für Reparaturen ausgegeben werden muss.

 

Gehören Fördermittel in die Kalkulation?

Allerdings wird die Rechtsprechung Details hierzu noch klären müssen – so auch die wichtige Frage, ob Fördermittel in die Kalkulation eingehen können. Denn bei der Beschlussfassung wird die WEG noch gar nicht sicher sein, dass ihre Förderanträge auch genehmigt werden, die „Töpfe“ dann noch gefüllt sind. Ohne Berücksichtigung von Fördermitteln wird sich eine Amortisation hingegen nur schwer darstellen lassen, die gewünschte Erleichterung für energetische Sanierungen würde erheblich „verpuffen“.

Zudem könnten mit dem Argument der Amortisation erste – und gut geförderte! – Maßnahmen wie z.B. ein Heizungsaustausch in den WEGs leichter durchgesetzt werden. Das Errechnen weiterer Kostenvorteile wird aber immer schwieriger, wenn dann später z.B. noch die äußere Gebäudehülle verbessert werden soll.

WiE: Projekte mit Sanierungsfahrplan angehen und möglichst viele Eigentümer überzeugen

Um insgesamt zu wirklich nachhaltigen Sanierungslösungen zu kommen, darf nach Ansicht von Wohnen im Eigentum (WiE) das Berechnen der Wirtschaftlichkeit nicht den Blick auf den Gesamtplan, das Abwägen von Vor- und Nachteilen und die Suche nach Alternativen ersetzen! Einfließen sollten dabei auch Argumente wie Schimmelvorbeugung, Wärmeschutz und ein besseres Raumklima.

Werden größere Projekte von der ersten Idee bis zur Prüfung der Umsetzung mit fachkundiger Unterstützung geplant, sorgfältig besprochen und koordiniert, werden sie viel eher von ausreichend vielen Eigentümern in den Anlagen gewollt und unterstützt. Der Erfolg energetischer Sanierungen steht und fällt mit einer guten Zusammenarbeit der Eigentümer mit ihren Verwaltern und externen Fachberatern. WiE stellt hierfür einen organisatorischen Sanierungsfahrplan, der die Besonderheiten im Wohnungseigentum berücksichtigt, kostenfrei zur Verfügung.

 

Wohnen im Eigentum ist bundesweit aktiv, Mitglied im Verbraucherzentrale Bundesverband und vertritt speziell die Wohnungseigentümer. Parteipolitisch neutral und unabhängig engagiert sich WiE für ihre Interessen und Rechte in der Öffentlichkeit sowie gegenüber Politik und Wirtschaft. WiE fordert mehr Verbraucherschutz und Markttransparenz auf dem Bau-, Wohnungs- und Wohnmarkt. Seine Mitglieder unterstützt WiE unter anderem mit kostenfreier Telefonberatung durch Rechtsanwälte und Architekten, kostenlosen Online-Vorträgen sowie weiteren Beratungsdienstleistungen rund um die Themen Eigentumswohnung, Bauen und Modernisieren. Weitere Informationen: https://www.wohnen-im-eigentum.de