Der Tagesspiegel: Sigmar Gabriel wirft SPD im Drohnenstreit Führungsversagen vor

Der ehemalige SPD-Vorsitzende und Außenminister Sigmar Gabriel hat seiner Partei wegen der Blockade bei der Anschaffung vom Kampfdrohnen eine schwere Fehlentscheidung und Führungsversagen gemacht. Anders als vom aktuellen Parteichef behauptet, fehle es nicht an einer „ausführlichen und breiten Debatte“, sondern „an der Bereitschaft, sie endlich einer Entscheidung zuzuführen“, schreibt Gabriel im „Tagesspiegel“ (Sonnabendausgabe), der darin den „Versuche einer taktischen Vertagung des Themas bis nach den kommenden Bundestagswahlen“ sieht.

„Das mag aus Sicht der SPD ein kurzfristiger Ausweg sein, um jeder innerparteilichen Debatte – sprich: jedem Streit – aus dem Weg zu gehen. Diese Art präventiver innerparteilicher Wundversorgung soll gewiss auch die herbeigeträumte Koalition mit der Partei ,Die Linke‘ erleichtern“, schreibt Gabriel weiter. Er sieht darin indes keinen Beleg für „den Willen zur politischen Führung dieses Landes“. Nur auf dem Weg von der Welt zur eigenen Partei entstehe ernsthafte und ernstzunehmende Politik, so der ehemalige SPD-Chef. „Wer es umgekehrt versucht, bespiegelt sich nur selbst und betreibt letztlich eine unernste Politik.“

Laut Gabriel deutet viel darauf hin, „dass die SPD vor einem grundlegenden Sinneswandel ihrer bisherigen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik zu stehen scheint“. Er fordert die aktuelle Parteiführung auf, „das offen zu legen und sich zu den Folgen für Deutschland und Europa zu bekennen“. Wichtig sei das auch für die Bürgerinnen und Bürger, wenn die im kommenden Jahr über die künftige Politik abstimmen können.

Lob erhält von Gabriel die Partei Bündnis90/Die Grünen. „Ein Beispiel für den Versuch, die eigene politische Befindlichkeit nicht zum alleinigen Kompass für Regierungshandeln zu machen, bieten derzeit Bündnis 90/Die Grünen“, schreibt er – und bezieht sich auf Äußerungen der Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock, die kürzlich ein stärkeres europäisches Engagement in der Verteidigungspolitik gefordert hatte, um „die Lücke zu füllen“, die durch den Rückzug der USA bislang durch „autoritäre Staaten gefüllt“ werde. „Wenn man auch nur eine Sekunde daran denkt, aus welcher pazifistischen Tradition die Grünen kommen, weiß man, dass Baerbock offenbar aus ähnlichem Holz geschnitzt ist wie der frühere grüne Außenminister Joschka Fischer, der seiner Partei die Teilnahme Deutschlands an einem vom damaligen UN-Recht nicht gedeckten NATO-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien zumutete, um eine Wiederholung des Völkermords in Srebrenica zu verhindern“, so Gabriel und weiter: „So sieht derzeit politische Führung in einer ambitionierten Partei aus, die den Anspruch erhebt, wenn nicht das Kanzleramt, dann aber eine politische Leerstelle zu besetzen, welche ihr der sozialdemokratische Wettbewerber geradezu ostentativ überlässt.“