Berliner Morgenpost: Extreme Ignoranz – Kommentar von Jens Anker

Es ist eine beunruhigende Allianz aus extremer Ignoranz und Nazi-Symbolik, die sich am Sonnabend in Berlin-Mitte zusammengefunden hat. Unter dem Motto „Tag der Freiheit“, den schon Filmemacherin Leni Riefenstahl für einen Film über den NSDAP-Parteitag 1935 verwendete, zogen rund 20.000 Corona-Leugner durch Berlin. Auch rechtsradikale Gruppen hatten dazu aufgerufen.

Es ist erschütternd, wie viele Menschen offenbar jeden gesellschaftlichen Konsens ablehnen und die Welt am liebsten ins Mittelalter zurückkatapultieren wollen. Anders ist nicht zu erklären, warum sie simpelste Erkenntnisse der Medizin, die Gefahren und den Verlauf früherer Pandemien ignorieren. Verblüffend auch, wie sie sich jedem noch so einfachen Argument widersetzen und sich in absurden Verschwörungstheorien suhlen. Geradezu sprachlos macht dabei die selbstherrliche Impertinenz, mit der sie ihre kruden Thesen vor sich her tragen. Gepaart mit den Anlehnungen an rechtsradikale Symbolik und Wortwahl ist dabei eine brandgefährliche Mischung entstanden. Genau das ist das Ziel der Rechtsextremisten. Sie nutzen Ängste und Dummheit der Corona-Leugner aus, um die Gesellschaft zu destabilisieren und ihre umstürzlerischen Fantasien voranzutreiben.

Doch es gibt Zeichen der Hoffnung. Der Stern der Populisten, die es in den USA, Brasilien und Großbritannien bis an die Macht geschafft haben, sinkt. Sie verlieren in Zeiten der Corona-Krise rasant an Rückhalt – die Realität holt am Ende auch den lautesten Populisten ein. Die große Mehrheit hält die Corona-Leugner ohnehin für Spinner, will nichts mit den selbsternannten Freiheitskämpfern zu tun haben. Das ist gut so. Vernunft ist stets der bessere Ratgeber als wirre Weltverschwörung.