Eigentümerversammlung in Zeiten der Corona-Krise

In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) stehen in der nächsten Zeit die jährlichen Eigentümerversammlungen an, während zeitgleich aufgrund der Coronavirus-Pandemie das tägliche Leben immer stärker eingeschränkt wird. Wie Wohnungseigentümer mit der Situation umgehen können, erläutert der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE).

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz besteht grundsätzlich die Pflicht, mindestens einmal jährlich eine Eigentümerversammlung einzuberufen – es sei denn, in der Gemeinschaftsordnung einer WEG ist etwas anderes geregelt (zum Beispiel, dass die Eigentümerversammlung nur alle zwei Jahre stattfinden muss). Da die Eigentümerversammlung das oberste Beschlussorgan der Eigentümergemeinschaft ist und über die wichtigsten Maßnahmen des kommenden Jahres sowie den jährlichen Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung beschließt, ist dies die wichtigste Veranstaltung der Wohnungseigentümergemeinschaften.

Die jährliche Eigentümerversammlung einfach ausfallen zu lassen, ist also grundsätzlich nicht möglich. Allerdings müssen Verwalter und WEGs sich natürlich an behördliche Vorgaben oder Verbote halten und in solchen Fällen die Eigentümerversammlung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Kleine WEGs werden hiervon weniger betroffen sein als große WEGs mit mehr als 10 oder sogar mehreren hundert Eigentümern.

Liegt kein Verbot vor, dann sollten Wohnungseigentümer/innen beachten:

Vollmacht erteilen sowie Weisung zum Abstimmungsverhalten

Wer aufgrund der Angst vor einer Ansteckungsgefahr nicht persönlich an der Eigentümerversammlung teilnehmen möchte, kann in der Regel Miteigentümern, Beiräten oder (nur im Notfall) dem Verwalter oder der Verwalterin eine schriftliche Vollmacht zur Ausübung seines Stimmrechts erteilen. Wohnungseigentümer werfen am besten zunächst einen Blick in die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung ihrer WEG, denn in ihnen kann es Regeln zur Stimmrechtsübertragung geben. Von der Möglichkeit, das Stimmrecht zu übertragen, sollten insbesondere diejenigen Eigentümer, die Erkältungssymptome haben oder zu einer Risikogruppe gehören, Gebrauch machen, rät der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE).

„In dem Zusammenhang sollten Wohnungseigentümer dem oder der Bevollmächtigten immer auch konkrete Weisungen zum Abstimmungsverhalten geben“, rät Gabriele Heinrich, Vorstand von WiE. „Das ist wichtig!“ So können Wohnungseigentümer sicher gehen, dass zu den einzelnen Anträgen in ihrem Sinne abgestimmt wird. Über welche Tagesordnungspunkte abgestimmt werden soll, erfahren sie n der Einladung zur Eigentümerversammlung. Was bei der Übertragung des Stimmrechts zu beachten ist, kann man hier nachlesen.

Sicherheitsvorkehrungen vor der Eigentümerversammlung treffen

Wird die Eigentümerversammlung aufgrund der aktuellen Lage nicht vom Verwalter oder der Verwalterin verschoben, sollten Wohnungseigentümer im Vorfeld Vorsichtsmaßnahmen treffen, um die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten. So sollten sie den Verwalter und Beirat im Vorfeld bitten, darauf zu achten, dass ausreichend freier Platz im Veranstaltungsraum zur Verfügung steht, damit der empfohlene Sicherheitsabstand zwischen den Anwesenden gewährleistet werden kann. Um das Risiko einer Ansteckungsgefahr im Rahmen einer Eigentümerversammlung zu minimieren, ist es außerdem ratsam, Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen und auf dessen Benutzung vor Betreten des Raumes hinzuweisen.

Online-Versammlung oder Teilnahme durch Zuschaltung möglich?

Eine Online-Eigentümerversammlung – ausschließlich mithilfe von Telekommunikationsmitteln – abzuhalten, ist nur möglich, wenn dies in der Gemeinschaftsordnung vereinbart worden ist. Dies gilt auch für die Online-Teilnahme einzelner Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung durch Zuschaltung über Videotelefonie o.ä.

Verordnungen und Erlasse der Behörden beachten

Da sich die Vorschriften angesichts der Coronavirus-Krise derzeit täglich ändern, sollten sich Wohnungseigentümer vor der Eigentümerversammlung informieren, ob es zwischenzeitlich neue Verfügungen ihrer Kommune bzw. Verordnungen oder Erlasse der jeweiligen Behörden für das Zustandekommen von Veranstaltungen und Versammlungen gibt und gegebenenfalls umgehend den Verwalter und den Beirat auf solche hinweisen.

Was wäre wenn? Sind solche Beschlüsse anfechtbar?

Findet Eigentümerversammlung unter Verstoß gegen behördliche Anordnungen statt, dann stellt sich die Frage, ob die dort getroffenen Beschlüsse gerichtlich angefochten werden können oder gar nichtig, d.h. ungültig, sind. WiE orakelt hierzu: Ggf. sind Beschlüsse dann anfechtbar. Insbesondere dann, wenn sie aufgrund einer anderen Situation oder Teilnehmerzahl mit anderen Stimmrechtsverhältnissen anders ausgefallen wären. Allerdings ist aufgrund der total neuen Situation keine verlässliche Prognose möglich, wie die Rechtsprechung solche Fälle bewerten wird.

 

Wohnen im Eigentum ist bundesweit aktiv, Mitglied im Verbraucherzentrale Bundesverband und vertritt speziell die Wohnungseigentümer. Parteipolitisch neutral und unabhängig engagiert sich WiE für ihre Interessen und Rechte in der Öffentlichkeit sowie gegenüber Politik und Wirtschaft. WiE fordert mehr Verbraucherschutz und Markttransparenz auf dem Bau-, Wohnungs- und Wohnmarkt. Seine Mitglieder unterstützt WiE unter anderem mit kostenfreier Telefonberatung durch Rechtsanwälte und Architekten, kostenlosen Online-Vorträgen sowie weiteren Beratungsdienstleistungen rund um die Themen Eigentumswohnung, Bauen und Modernisieren. Weitere Informationen: https://www.wohnen-im-eigentum.de